Fashion Haute Couture Paris
Haute Couture ist die Leistungsschau des Luxus
| Lesedauer: 4 Minuten
Von Heike Blümner
Die Olympischen Spiele in Paris stehen an, die Haute Couture Schauen machen dafür den Türöffner. Giorgio Armani ist in einem Alter, wo er macht, was er will, Balenciaga sorgt mal wieder für Gesprächsstoff und Daniel Roseberry übertrifft sich bei Schiaparelli wieder selbst.
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SCHIAPARELLI
„Phoenix“ nennt Designer Daniel Roseberry seine Parade der Einzigartigkeiten. Er bezieht sich dabei auf Elsa Schiaparelli, die Gründerin des Hauses, die dafür bekannt war, sich und ihr Werk stets neu zu erfinden, und die für ihre Zeit ungeheure Brücken baute zwischen Mode, Kunst, Theater und Tanz. Doch die Vergangenheit verblasste bei dieser Schau zugunsten der Gegenwart. Die Entwürfe von Roseberry ließen nämlich noch etwas aus der Asche steigen: den Glauben an die Magie und das Anrührende in der Mode. Jeder Look ein Auftritt, dessen Pracht sich nicht in Protz, sondern im erzählerischen Reichtum und der zeitgenössischen Zuspitzung zeigte. Beflügelnd!
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BALENCIAGA
Auch in diesem Jahr ist Balenciagas Kreativdirektor Demna Gvasalia der Garant dafür, dass dem Modepublikum in Paris nicht der Gesprächsstoff ausgeht: Waren die Hüte von Lampenschirmen, Pilzen oder Imkerschutz inspiriert? Sind Bomberjacken und Puffer-Jackets jetzt Couture? Und was ist mit Jeans und boxigen T-Shirts? Waren die Models echt oder KI? Gvasalia steht für maximale Aufmerksamkeit durch die meist aufgeplusterten Silhouetten, die jedoch nur eines im Sinn haben, nämlich den Träger oder die Trägerin darin in der jeweils eigenen Welt verschwinden zu lassen. Es ist punktgenaue Mode aus dem Videospiel, zum Handy und für die sozialen Medien.
DIOR
Olympia kommt aus Griechenland, Diors Kreativdirektorin Maria Grazia Chiuri aus Rom, die Marke selbst aus Paris, wo jetzt die Haute Couture Schauen und demnächst die Olympischen Spiele ausgetragen werden: voilà! Das ist der Mix, der dieser Präsentation zugrunde liegt. Klares Storytelling, das ist es, was Chiuri unter anderem beherrscht wie nur wenige sonst. Feminismus in gut. Wir sehen Roben, die denen antiker Göttinnen gleichen und Badeanzug-artige Looks, mit denen Esther Williams vermutlich nicht ins Wasser gesprungen wäre, aber die an ihr mit Sicherheit hervorragend ausgesehen hätten.
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Das Showsetting, stets zusätzliche Bühne für internationale Künstlerinnen, war dieses Mal mit einer Installation der vor wenigen Wochen mit 93 Jahren verstorbenen Faith Ringgold ausgestattet. Die ausdrucksstarken, vielschichtigen Werke der amerikanischen Künstlerin, Feministin, Aktivistin gelten als unüberhörbarer „call for action“ für Geschlechtergleichheit. Auf nichts lieber als das antwortet Maria Grazia Chiuri, die auf Instagram schrieb: „Es war eine besondere Ehre mit ihr zusammenzuarbeiten. Ihre Arbeit und ihre Stimme werden vermisst werden.“
THOM BROWNE
Nach Daniel Roseberry noch ein Amerikaner, der den Parisern zeigt, welche Abzweigung Haute Couture jenseits der bewährten Avenue nehmen kann. Thom Browne’s Entwürfe für Männer und Frauen sind eine Ode an den Prozess der hohen Schneiderkunst und – so kurz vor Olympia – eine Leistungsschau. Da wäre einerseits seine Hommage an den weißen Musselin-Stoff, aus dem in der Haute Couture die Blanko-Entwürfe gefertigt werden. Ihn verwebt und verbindet er mit kontrastierenden Luxusmaterialien, sodass vor allem die Roben etwas Lebendiges und Prozesshaftes erhalten. Dazu gesellen sich Anleihen aus der amerikanischen Sportswear, die Brown dekonstruiert, schichtet und wie ein Zitat hervorblitzen lässt. Es ist ein Spiel auf höchstem Niveau, ein Platz auf dem Siegertreppchen ist ihm sicher.
CHANEL
Beim großen Modehaus, Synonym für die Herrlichkeit des savoir faires, steht derzeit weniger die Mode im Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit. Vor kurzem verließ Chefdesignern Virginie Viard über Nacht nach 30 Jahren – viele davon als rechte Hand von Karl Lagerfeld – die Marke und hinterließ Fragezeichen. Sowohl nach dem Warum, als auch nach dem Wie-jetzt-weiter. Die aktuelle Haute Couture Schau bestätigt stilistisch diese Zeit des Dazwischen: Die Entwürfe wurden bereits nicht mehr von Viard verantwortet, sondern von einem nicht näher genannten Designteam. Die Looks reflektieren die Eleganz des Hauses in dieser Übergangsphase: It’s a classic! Richtig spannend jedoch wird es dann wohl im kommenden Jahr.
GIORGIO ARMANI
Giorgio Armani ist in einem Alter, wo er macht, was er will. Perlen? Her damit! In kleinen Dosen kann jeder mit ihnen, der 89-jährige Maestro lässt sie zu Stoff verweben und fertigt daraus Roben irgendwo zwischen Flappergirl und Elben-Rüstung. Leichte, minimalistische Silhouetten, die durch die Perlen einen maximalistischen Twist erhalten. Vielleicht ist es auch sein persönlicher, sehr eleganter Kommentar auf die aktuelle Europameisterschaft. Es heißt, Armani verfolge die Spiele leidenschaftlich. Und Perlen sind schließlich auch rund und bringen viele Menschen vor Begeisterung aus der Fassung.